Dienstag, 28. Juni 2011

Ethischer Konsum & Ethischer Nichtkonsum

In letzter Zeit habe ich länger über ein Thema nachgedacht, dass ich persönlich für sehr wichtig erachte.

Allgemein möchte ich dieses Thema mit den Begriffen des "Ethischen Konsums" und des "Ethischen Nichtkonsums" fassen. Was meine ich damit?

In dem, was ich in Diskussionen mitbekomme, herrscht bei vielen ein Bewusstsein darüber, dass der Konsum von Produkten eine wichtige Stellschraube ist, die die industriellen Produktionsbedingungen und die Produkte selbst betrifft.

Das heißt also, dass ethisch motivierte Veganer deshalb keine Tierprodukte kaufen, um die Nachfrage nach eben diesen Produkten zu senken, d.h. sie wollen nicht verantwortlich sein wollen dafür, dass weiterhin Tiere "vernutzt" werden um diese auf einem Markt anzubieten. Die logische Schlussfolgerung: Würde niemand mehr Tierprodukte kaufen, könnte man damit kein Geld mehr machen, und folglich müssten sich diese Produzenten ein anderes Betätigungsfeld suchen. Dies ist der "Ethische Nichtkonsum": Dadurch, dass ich etwas oder jemanden nicht konsumiere, bewege ich etwas.

Gleichsam kann ich Hersteller veganer Produkte durch den Konsum ihrer Produkte unterstützen. Da heutzutage viel Geld in Zielgruppenforschung investiert wird, kann man sicher sein, dass Hersteller sich den sogenannten Marktbedürfnissen versuchen anzupassen. Dies ist der "Ethische Konsum": Ich konsumiere, was ethisch vertretbar ist, und bewege damit etwas.

Das klingt ja erstmal nach einer feinen Sache: Politisch sein durch Lebensstil. Dennoch möchte ich auf einige Probleme aufmerksam machen.

1. Kann es ethische industriell hergestellte Produkte überhaupt geben? Wer sich die Dokumentation "Unser täglich Brot" angesehen hat, wird diese Frage als berechtigt ansehen, legitimiert der extrem hohe Gebrauch von Pestiziden in der Landwirtschaft und das Anlegen von Monokulturen schon allein einen "Ethischen Nichtkonsum" industriell hergestellter Lebensmittel. Wie wollen wir ohne industrielle Massenproduktion (oder mit ihr?) mit all ihren Schattenseiten die Welt ernähren?

2. Wo ist die Grenze zu ziehen? Im Grunde muss sich jeder Hersteller die Frage gefallen lassen, wie "sozial" produziert wird und was produziert wird. Werden die Mitarbeiter fair behandelt und bezahlt, werden gewerkschaftliche Bestrebungen nicht untergraben, wird Boden, Luft, Wasser und Tiere möglichst schonend behandelt? Wird auf Gentechnik verzichtet? Beziehen die Hersteller ihren Strom aus ökologischer Quelle? Die Zertifikate, die über diese Fragen Aufschluss geben sollen, sind jedoch oft nicht als vertrauenswürdig anzusehen. Als Beispiel führe ich hier die Dokumentation "Der Pakt mit dem Panda" an.

3. Auswirkungen des "Ethischen Konsums" oder "Ethischen Nichtkonsums" sind nicht immer vorherzusehen oder zwangsläufig. Führt der "Ethische Nichtkonsum" von Milchprodukten wirklich dazu, dass weniger Milch produziert wird, oder bedeutet er letztlich, dass mehr subventionierte Milchprodukte nach Afrika exportiert werden und der dortigen (auch noch kleinbäuerlichen) Produktion schaden, während europäische Konzerne weiterhin profitieren?

Offenes: Ich denke, dass das Konsumverhalten schon eine wichtige "Stellschraube" ist, dass Konsum an Fragen der Ethik angebunden sein sollte, dass nicht jeder ausschließlich auf seine Wahlfreiheit pochen sollte. Dies steht für mich außer Frage.

Außer Frage steht für mich jedoch auch, dass Veganismus nicht ein isoliertes Thema darstellt. Will ich gegen die Dinge, die mir einen Schauer über den Rücken jagen, wirklich etwas bewegen, so muss ich mich fragen, ob ich überhaupt mehrere Anliegen gleichzeitig verfolgen kann, oder ob bestimmte Formen des Engagements widersprüchlich sind. Dies gilt auch für den Konsum. Ethischer Konsum bzw. Nichtkonsum erfordert daher zwingend die konstante Reflexion darüber, was mögliche unbedachte Folgen des eigenen Handelns sind. Oder?

Links:
Der Pakt mit dem Panda
Unser täglich Brot